Im
Tal der Läger, in der Umgebung von Iserlohn, wohnte einst eine junge
Spinnerin, die war schön von Angesicht, auch fleißig und geschickt
bei ihrer Arbeit und gut zu allen Menschen - nur an einem kleinen
Wicht, einem Erdmännchen, hat sie nicht recht getan. Das nämlich
ward ihrer gewahr, half ihr bei der Arbeit und gewann sie von Herzen
lieb. Obwohl er winzig klein war und nicht von Menschenart, gab sie
ihm ihr Wort, dass sie seine Frau werden wolle. Als das Mädchen das
ihren Freundinnen erzählte, lachten die und meinten, das komme ihr
doch nicht von Herzen. Er sei nur zum Zeitvertreib ihr Bräutigam!
Das
war kein gutes Wort. Und erst recht war es nicht wohl getan, dass sie
das Männlein noch immer zu sich kommen und sich von ihm bei der
Arbeit helfen ließ. Der Kleine verstand sich besonders gut auf das
Spinnen und Weben. Unter seinen winzigen Händen entstand ein
Fädchen, zart, als habe es ein Spinnlein hervorgebracht, zugleich
aber auch fest und unzerreißbar wie ein Kettchen. So kam es, dass
man der jungen Spinnerin von weither Aufträge brachte. Kein Wunder,
dass ihr Gesponnenes das beste Tuch im ganzen Lande abgab, und dabei
schaffte sie soviel des guten Garns wie keine andere, und den Leuten
kam es schier unbegreiflich vor, dass zwei Hände soviel
vermochten.
Wenn sie dann abends endlich müde geworden war und
ihre wohl gelungene Arbeit ansah - die vielen fertigen Rollen des
schimmernden Garns, dann schlüpfte das Erdmännlein der fleißigen
Dirne auf den Schoß, legte seine Arme um ihren Hals und herzte sie.
Sie ließ es sich gefallen und verschwieg ihm noch immer, wie es tief
in ihrem Herzen beschaffen war. Wohl bettelte sie manchmal:
"Du
hast mir niemals deinen Namen genannt. Wie heißt du eigentlich?"
Da
kam eine große, stille Traurigkeit über das Männlein. Es gab aber
niemals eine Antwort, wie sehr sie auch bat.
"Die Menschen
haben alle einen Namen", sagte sie, "wie werde ich nun
heißen, wenn ich deine Frau bin?"
Ging sie ihn so an, dann
schlich das Männlein endlich stumm fort und verschwand im Dunkel der
Nacht.
Als nun die Zeit kam, dass alle Freundinnen des Mädchens
Hochzeit hielten, da kam auch über die Spinnerin ein tiefes
Verlangen und sie wünschte sich glücklich zu sein mit einem Mann,
der wie sie ein Mensch war. Sie konnte ihre Traurigkeit dem
Erdmännchen nicht länger verbergen, und als es eines abends wieder
zu ihr in die Stube trat, rief sie ihm, als es kaum die Türe
geöffnet hatte, entgegen: "Nun will ich endlich wissen, wie du
heißt!"
Als er, aufs tiefste erschrocken und schweigend
dastand, schrie sie: "Sag, heißt du Hoppetinken?"
Da
ward das Männlein rot vor Zorn.
Das hat dir der Teufel
offenbart!" rief es.
Dann aber wurde es wieder still und
traurig, wandte sich und ging, um niemals wiederzukehren.